14.03.2022

Impact Investing: Wirkung am Kapitalmarkt

Wirkung oder Impact ist das Wort der Stunde am Kapitalmarkt. Viele Fondsanbieter wollen mit ihren Finanzprodukten „einen Beitrag leisten“, „im Einklang sein“ bzw. „einzahlen“ auf die nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen („SDGs“) oder das Pariser Klimaschutzabkommen. Für viele Investoren wächst damit der Anreiz aber auch Druck ihr Gesamtportfolio nicht nur nach finanziellen Kennzahlen, sondern auch sozialen und ökologischen Auswirkungen zu steuern.

 


 

GLS Investments Geschäftsführer Karsten Kührlings zum Thema Impact am Kapitalmarkt:

„Bei der Umsetzung der sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft nehmen die Akteure am Kapitalmarkt eine entscheidende Rolle ein. Sie müssen das Geld dorthin lenken, wo es tatsächlich gebraucht wird. Das ist mühsam und komplex. Doch wer den Anspruch hat, Impact zu erzielen, der sollte diese Herausforderung nicht scheuen und ehrlich darüber berichten. Atomkraft und Erdgas sind sicherlich nicht der richtige Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft.“

 


 

Wie eine soziale und/oder ökologische Wirkung erzielt werden kann und welche Grenzen es gibt, erklärt unser Investmentfonds Spezialist Stefan Fritz im Gespräch mit FONDS professionell:

Herr Fritz, der Kapitalmarkt soll einen Beitrag leisten zur Erreichung internationaler Klima- und Nachhaltigkeitsziele, so u.a. der Wille der EU. Das klingt natürlich begrüßenswert. Welchen Einfluss und welche Wirkung haben Investoren derzeit?

Investoren können nicht nur eine wichtige Rolle einnehmen, sie müssen sie sogar wahrnehmen. Vor uns liegen immense Herausforderungen, die Investoren Hand in Hand mit wirklich zukunftsfähigen Unternehmen angehen müssen. Das ist unbestritten. In den vergangenen Jahren hat der nachhaltige Anlagemarkt eine beispiellose Dynamik verzeichnet. Große Banken und Investmentgesellschaften bekennen sich zu den SDGs oder dem Pariser Klimaschutzabkommen. Der Aufbruch ist spürbar, aber die Branche ist bei der Entwicklung eines Impact Investing-Markts, der große transformative Wirkung entfaltet, noch ganz am Anfang. Es muss noch sehr viel Pionierarbeit geleistet werden.

Wo sehen sie die größten Herausforderungen?

Ein Investor kann nur dann eine Wirkung erzielen, wenn durch sein Handeln ein erkennbarer sozialer oder ökologischer Mehrwert („Additionalität“) gestiftet wird, beispielsweise mehr menschenwürdige Arbeitsplätze, ein höherer Anteil an erneuerbare Energien, etc. Das sagt sich sehr leicht, ist aber in der täglichen Investmentpraxis sehr schwierig umzusetzen.

Wie zeigt sich dies in der Praxis?

Verschiedene Assetklassen haben unterschiedliche Impactpotenziale. Ein alternativer Investmentfonds stellt Eigen- oder Fremdkapital direkt den Unternehmen zur Verfügung. Ein Wertpapierfonds kauft i.d.R. Aktien oder Anleihen über den Börsenhandel von einem anderen Investor. Aufgrund der unterschiedlichen Kapitalströme ist es nicht möglich – wie leider häufig am Markt zu beobachten ist –, eine direkte Zuordnung von Wirkung unabhängig von der Berücksichtigung der Assetklasse vorzunehmen. Daher müssten Investoren zunächst ausdifferenzieren, welche Impact-Potenziale ihre verschiedenen Assetklassen haben.

Wir sehen im Markt teils kreative und irreführende Ausführungen von Impact-Darstellungen nachhaltiger Investments. Wie kann man Impact gewissenhaft darstellen?

Asset-Klassen und ihre Impactpotenziale unterscheiden sich. Dies macht ein umfassendes Reporting erforderlich, in welchem Investoren Potenziale aber auch Grenzen ihrer Impact-Aktivitäten darlegen. Angetrieben durch die Regulierung ist derzeit ein Trend zur Aggregation und Simplifizierung heterogener Daten erkennbar. Die hohe Verdichtung von Daten führt dazu, dass ihre Aussagekraft der Darstellung stark abnimmt bzw. Raum für Interpretationen lässt. Was möchte der Anbieter eines Aktienfonds sagen, wenn er angibt, mehr als 50 Prozent seines Portfolios trüge zu den SDGs bei? Wer ehrlich und transparent über seine Wirkung berichten will, darf sich Stand heute nicht zu sehr an der gängigen Marktpraxis oder gesetzlichen Vorgaben orientieren und muss Anleger*innen auch komplexe Wahrheiten zumuten.

Wie lässt sich dies erreichen?

Gemeinsamen mit anderen Nachhaltigkeitshäusern, z.B. Invest in Visions, haben wir dazu kürzlich „Leitlinien zur Darstellung von Impact im Bereich wirkungsorientierter Investments“ veröffentlicht. In den Leitlinien fordern wir Marktteilnehmer*Innen auf zu sechs kritischen Fragen bezüglich der Wirkung ihrer Investitionen Stellung zu beziehen (siehe grauer Kasten). Darstellungen von Investitionen, in denen sozial-ökologische Wirkung suggeriert wird, müssen sachgemäß eingeordnet werden. Martkteilnehmer*innen sollten tatsächlichen Impact anstreben und über die damit verbundenen zahlreichen Hürden berichten. So wird die Grundlage geschaffen, dass Anleger*innen den tatsächlichen Beitrag eines Unternehmens oder Fonds zu einer nachhaltigen Entwicklung nachvollziehen und transparent beurteilen können.

Wie geht die GLS Investments damit um? Wie finden Sie Unternehmen, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen eine positive Wirkung entfalten können?

Wir haben einen anspruchsvollen, mehrstufigen Prüfungsprozess intern installiert. Unsere Nachhaltigkeitsanalystinnen und -analysten prüfen die Geschäftsfelder und Geschäftspraktiken der Unternehmen umfassend und führen sie in Profilen zusammen. Als Basis für jegliche Investitionen unserer Fonds gelten dabei die Anlage- und Finanzierungsgrundsätze der GLS Gruppe, die ein Nachhaltigkeitsverständnis anhand klar definierter Positiv- und Ausschlusskriterien vermitteln. In einem interdisziplinär zusammengesetzten, unabhängigen Anlageausschuss mit externen Experten werden die möglichen Investitionen diskutiert. Letztendlich wird im Einzelfall entschieden, welche Titel in das Anlageuniversum aufgenommen werden.

Was heißt dies konkret für Ihre Fonds?

Unser GLS Alternative Investments – Mikrofinanzfonds hat ein hohes Wirkungspotenzial: Der Fonds refinanziert Mikrofinanzinstitute in Südeuropa, Lateinamerika, Asien und Afrika. Diese Mikrofinanzinstitute vergeben Klein(st)-kredite an Endkundinnen und -kunden vor Ort. Hier verfolgen wir entwicklungspolitische Ziele. Ebenso begleiten wir mit technischen Unterstützungs- und Beratungsleistungen, der so genannten Technical Assistance, Mitarbeitende der Institute sowie Endkreditnehmer*innen. Vergangenes Jahr beispielsweise haben wir in Lateinamerika Schulungsprogramme finanziert. Kleinbäuer*innen lernten dabei, welche Risiken chemische Düngemittel bergen und wie sie sinnvoll düngen können. Diese Programme dienen gezielt dazu, Zielkonflikte abzubauen.

Im Wertpapierbereich gestaltet sich die direkte Zuordnung, wie schon erklärt, deutlich schwieriger. Um das Kapital Unternehmen mit zukunftsfähigen Geschäftsmodellen direkt zur Verfügung zu stellen, partizipieren wir am Primärmarkt. Über den Kauf von Wertpapieren von anderen Investoren am Sekundärmarkt können wir eine indirekte Wirkung erzielen. Als langfristiger Investitionspartner unterstützen wir auch kleinere Unternehmen, die sukzessiv ihre nachhaltigen Geschäftsaktivitäten ausbauen wollen. Alle Unternehmen des Anlageuniversum werden kontinuierlich im Rahmen des Monitorings auf Kontroversen überprüft. Bei relevanten Kontroversen geht das Research in den Unternehmensdialog. Ebenfalls leisten wir eine finanzielle Förderung von Klimaschutzprojekten beim GLS Bank Klimafonds sowie von Kinderhilfsprojekten weltweit beim B.A.U.M. Fair Future Fonds.

Erfahren Sie mehr über unser nachhaltiges Fondsangebot

 

Lesen Sie hier die Leitlinien zur Darstellung von Impact im Bereich wirkungsorientierter Investments